Die Märchen von Heinrich Seidel (1842 – 1906) gehören zu den schönsten und sprachgewaltigsten, die uns aus den vergangenen Jahrhunderten überliefert sind. Vor dem Hintergrund der mecklenburgischen Landschaft konstruiert Seidel, anrührende metaphernreiche und ironische Geschichten.
Dabei nutzt er teilweise Motive seiner großen Vorbilder Hans Christian Andersen, Wilhelm Hauff und E. T. A. Hoffmann. Oft handeln die Märchen von mutigen Kindern. Da macht sich die winzig kleine Prinzessin Zitrinchen nach erfolglosen Versuchen ihrer Eltern, sie zu verheiraten, ganz allein auf, um in der Welt ihr Glück zu finden, eine andere Prinzessin trotzt im „Zauberklavier“ dem Verbot ihres Vaters und spielt Klavier, und es gelingt ihr sogar, dem ganzen Königreich bewusst zu machen, dass Musik das Leben reicher macht. „Das Weihnachtsland“ erzählt von dem kleinen Werner, der am Rande eines Dorfes lebt und einmal auf wundersame Weise ins Reich des Weihnachtsmannes gelangt.
Heinrich Seidel arbeitete zunächst als Ingenieur. Sein Meisterstück war das Dach der Ankunftshalle des Anhalter Bahnhofs in Berlin. In seinem literarischen Schaffen wurde er von Gottfried Keller und Theodor Storm gefördert.